Der
Steckborner Unternehmer importiert ein Steuergerät,
das ermöglicht, Benzinautos mit Bioethanol zu betreiben.
Die Idee: Umweltschonender und erst noch günstiger fahren.
von
Rolf Häberli
Nein,
ein Grüner mit Heilandsandalen und wallendem Bart ist der
gebürtige Flawiler Ernst Sutter beileibe nicht. Doch
angesichts der in den letzten Monaten sehr stark gestiegenen
Benzinpreise fasziniert ihn die Möglichkeit, Autos mit dem
umweltfreundlicheren und erst noch billigeren Bioethanol E85 zu
betreiben.
Entwicklungsland
Schweiz Die
Schweiz steht in Bezug auf die Verwendung von Bioethanol als
Treibstoff erst in den Kinderschuhen. Am 20. Juli eröffnete
Agrola die erste Bioethanol-E85-Tankstelle in Winterthur. Bis
Mitte des nächsten Jahres will Agrola 13 weitere solche
Tankstellen eröffnen. «Ein dichtes Tankstellennetz ist
von entscheidender Bedeutung für die Verbreitung
bioethanolbetriebener Autos!», betont Sutter. Er sieht im
Umrüsten von herkömmlichen Benzinmotoren in solche,
welche mit Bioethanol E85 betrieben werden können, einen
zukunftsträchtigen Markt. Deshalb griff er sofort zu, als
sich ihm die Möglichkeit bot, für die Schweiz die
Generalvertretung von E85-Steuergeräten zu übernehmen.
Umweltfreundlicher
Treibstoff Bioethanol
entsteht durch natürliche Gärung des Zuckers, der
beispielsweise in Kartoffeln, Zuckerrüben, Getreide und Molke
enthalten ist. Beim Verbrennen hinterlässt Bioethanol
praktisch kein umweltschädliches CO2. Von den oben
aufgeführten Produkten herrscht in der Schweiz ein
Überschuss, deshalb könnte die Bioethanol-Gewinnung den
Bauern neue Perspektiven eröffnen, sagt Sutter, der als Sohn
eines Flawiler Dorfschmieds eine enge Beziehung zur Landwirtschaft
hat.
Brief
an Moritz Leuenberger Wenn
Sutter von einer Sache überzeugt ist, dann setzt er sich mit
aller Kraft dafür ein. Ende Juli bot er Bundespräsident
Moritz Leuenberger, Chef des Eidgenössischen Departementes
für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, via E-Mail
an, in seinem Auto ein Steuergerät für Bioethanol
einzubauen. Bloss zwei Wochen später erhielt Sutter die
Antwort von Walter Steinmann, Direktor des Bundesamtes für
Energie(BFE). Mangels Finanzen könne der Bund keine
Umrüstkampagne durchführen. Zudem dürfe sich der
Bund nicht für Produkte engagieren, deren Wirksamkeit nicht
durch ein Attest einer neutralen Prüfinstanz bestätigt
sei. Das BFE anerkenne E85 als «eine begrüssenswerte,
neue Treibstoffalternative». Im Aufbau der
Verteilinfrastruktur und im Handling weise E85 wesentliche
Vorteile gegenüber dem Erd- und Biogas auf. Doch könne
E85 die fossilen Treibstoffe «maximal nur zu einigen
Prozenten» ersetzen. Dadurch werde das CO2-Problem nur
geringfügig gemindert. Sutter lässt sich durch den
abschlägigen Bescheid aus Bern nicht entmutigen, er ist nach
wie vor überzeugt, dass Bioethanol E85 eine Zukunft hat.
Aller
Anfang ist schwer Sutter
arbeitete viele Jahre in leitender Funktion im Bereich Metallbau,
zuletzt bei einer Spezialfirma für Geländer. Als der
Betrieb 2003 verkauft und reorganisiert wurde, verlor er die
Stelle. Sutter hat sich in der Folge im Bereich Metallbau
selbständig gemacht. Als zweites Standbein übernahm er
kürzlich die Schweizer Generalvertretung für
Flex-Fuel-Steuergeräte. Ein solches Gerät, das in die
meisten benzinbetriebenen Autos eingebaut werden kann, kostet 1650
Franken. Der Einbau dauert zirka eine Stunde. Sutter rechnet vor:
Bioethanol E85 kostet aktuell 1.40 Franken pro Liter. Bei einem
Benzinpreis von 1.80 Franken pro Liter und einer Fahrleistung von
20000 Kilometern pro Jahr, amortisieren sich die Kosten für
das Steuergerät innert zwei Jahren. Aktuell hat er bis jetzt
fünf Geräte eingebaut, fünf weitere sind bestellt.
«Aller Anfang ist schwer!», kommentiert Sutter die
Situation.
Treibstoff
aus Zuckerrüben
Umgangssprachlich
wird Ethanol häufig als Alkohol bezeichnet. Gebräuchlich
sind auch die Bezeichnungen Ethylalkohol und Spiritus. Bioethanol
entsteht auf natürliche Weise durch die Vergärung von
Zucker. In Brasilien gewinnt man schon heute in grossen Stil
Bioethanol aus Nutzppflanzen wie Zuckerrohr und Soja, rund ein
Fünftel des Treibstoffbedarfs wird mit Bioethanol gedeckt.
Vorreiter in Europa für die Beimischung von Bioethanol zum
Benzin ist Schweden. In der Schweiz wird Bioethanol aus den
Rohstoffen Getreide, Zuckerrüben, Kartoffeln und Molke
gewonnen, in einer späteren Phase will man auch Holz und Gras
verwerten. Die Bezeichnung Bioethanol E85 bezeichnet ein
Mischungsverhältnis von 85 Prozent Bioethanol und 15 Prozent
herkömmliches Benzin bleiffrei 95. Die mit Bioethanol E85
betriebenen Fahrzeuge stossen im Vergleich zu herkömmlichen
Benzinmotoren 80 Prozent weniger fossile CO2-Emissionen aus. CO2
ist in hohem Masse mitverantwortlich für die weltweite
Klimaerwärmung mit all ihren ernsthaften Konsequenzen.
Benzinmotoren können wegen des Risikos eines Motorschadens
nicht mit E85 betrieben werden, dazu braucht es ein
Flex-Fuel-Steuergerät. Ernst Sutter aus Steckborn ist
Generalimporteur solcher Steuergeräte. Bis jetzt bieten in
der Schweiz erst die Automarken Saab, Volvo und Ford E85-taugliche
Neuwagen an.
Zur
Person
Ernst
Sutter Geboren am 29.
April 1948 Wohnort
Steckborn
Zivilstand
Verheiratet,
zwei erwachsene Kinder Werdegang
Aufgewachsen
in Flawil. Im elterlichen Betrieb Lehre als Schmied, Zusatzlehre
als Metallbauschlosser. Nach einigen Jahren Praxis
Meisterausbildung zum eidg. dipl. Schlossermeister und
Metallbautechniker SMT. Heute als selbständiger
Metallbauunternehmer tätig. Er ist Schweizer Generalvertreter
für Bioethanol-E85-Umrüstsysteme. Hobbys
Interesse
am wirtschaftlichen Geschehen, Singen (1. Tenor bei den Shanty
Singers), Wassersport und Pflege der Geselligkeit.
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