– Möglichkeiten und Probleme

Versorgungssicherheit und Klimaschutz stehen im Vordergrund der Diskussion um alternative Kraftstoffe. Auf dem "Clausthaler Gespräch zu Alternativen zum Erdöl" in Clausthal-Zellerfeld am 15.6.2006 erläuterte die Bundesregierung ihre Einschätzung, dass Biokraftstoffe die Versorgungssicherheit erhöhten, da ein großer Teil der Rohstoffe aus heimischem Abbau stammt. Dies habe eine größere Unabhängigkeit vom Öl zur Folge.

Das Umweltministerium favorisiert dabei Biokraftstoffe der zweiten Generation, d.h. jene Biokraftstoffe, die aus nahezu vollständigen Pflanzen gewonnen werden. Ein wesentlicher Vorteil von Biokraftstoffen der zweiten Generation sei die Möglichkeit, den Kraftstoff im Herstellungsprozess an die motorischen Anforderungen anzupassen. Die Verbrennung könne dadurch optimal und äußerst emissionsarm erfolgen. Auch Fahrzeughersteller setzen darauf, weil Motoren nicht neu entwickelt werden müssen und die vorhandene Tankstellen-Infrastruktur genutzt werden könne.

Um alternative Kraftstoffe zu fördern, setzt die Bundesregierung Mittel der Regulierung und der Förderung ein. In der Koalitionsvereinbarung wurde eine Beimischungsquote von Biokraftstoffen zu fossilen Kraftstoffen vorgesehen. Damit soll die Mineralölwirtschaft verpflichtet werden, fossilen Kraftstoffen bestimmte Anteile Biokraftstoff beizumischen.

Mit dem Entwurf zur Neuregelung sollen Biodiesel, Pflanzenöl und Biodieselgemische steuerlich begünstigt werden. Am 29.6. 2006 hat der Deutsche Bundestag ein Energiesteuergesetz verabschiedet, das die Besteuerung von Energieerzeugnissen neu regelt und das Mineralölsteuergesetz ablösen soll.

Nach diesem Gesetz wird die steuerliche Begünstigung von Biodiesel und Pflanzenöl ab dem 1. August 2006 bis 2012 in Stufen verringert. Bei Pflanzenöl setzt die Besteuerung erst 2008 ein. Die in der Land- und Forstwirtschaft verwendeten Biokraftstoffe bleiben weiterhin von der Mineralölsteuer befreit. Beim Autogas ändert sich nichts: Erdgas wird bis 2020 und Flüssiggas bis 2009 für den Einsatz in Motoren steuerlich begünstigt.


Chancen und Risiken

Der Einsatz eines jeden neuen Kraftstoffes ist mit Chancen und Risiken verbunden. Bei alternativen Kraftstoffen handelt es sich um
•Benzin-Alkohol-Gemische
•Biodiesel(Fettsäuremethylester)
•Flüssiggas
•Flüssiggas
•Wasserstoff

Die Aufbewahrung dieser Kraftstoffe, mit Ausnahme von Biodiesel, erfolgt nach der Betriebssicherheitsverordnung in überwachungsbedürftigen Anlagen, die durch die TÜV geprüft werden. Für Biodiesel gelten wasserrechtliche Vorschriften; diese Anlagen werden ebenfalls von den TÜV geprüft. Für jeden dieser Kraftstoffe gibt es neue, teilweise noch nicht gelöste technische Probleme und Risiken. Der VdTÜV erarbeitet zusammen mit seinen Mitgliedern in der Leitstelle „Druck- und Tanktechnik“ und in enger Abstimmung mit den betroffenen Kreisen Lösungen für diese mit alternativen Kraftstoffen verbundenen neuen technischen Risiken.


Benzinalkoholgemisch

Die Regierungsfraktionen haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die Kraftstoffstrategie mit dem Ziel weiter zu entwickeln, den Anteil von Biokraftstoffen am gesamten Kraftstoffverbrauch bis zum Jahr 2010 auf 5,75 Prozent zu steigern. Die Mineralölsteuerbefreiung für Biokraftstoffe soll durch eine Beimischungspflicht ersetzt werden. Zur Umsetzung dieser Vereinbarung ist eine Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes unter Federführung des BMU noch 2006 geplant. Die Bundesregierung schätzt, dass sich mit der angestrebten Quotenregelung für die Beimischung mit Biokraftstoff der Absatz verdoppeln wird, von 2,2 Millionen Tonnen im Jahr 2005 auf über 4 Millionen Tonnen im Jahr 2009. Nach Einschätzung des VdTÜV kann es in Zukunft ein Kapazitätsproblem geben, insbesondere durch den enormen Bedarf an Alkohol.

Der Kraftstoff E85 besteht zu 85 Volumenprozent aus wasserfreiem Bioethanol und zu 15 Volumenprozent aus herkömmlichem Benzin. Er bewirkt eine höhere Leistung der Motoren bei etwas höherem Verbrauch. Allerdings muss der Motor dafür freigegeben werden.

So genannte FFV (Flexible Fuel Vehicles) sind speziell für den Betrieb mit E85 konzipiert worden, ihre Motoren sind dementsprechend mit veränderten Werkstoffen hergestellt. Auf dem europäischen Markt sind u.a. Ford, Saab und Volvo Anbieter von FFV. Zur Zeit existiert noch keine geschlossene Bioethanol-Tankstelleninfrastruktur in Deutschland.

Normale Benzinmotoren können ohne Modifikation mit E10 (10 Prozent Ethanol) betrieben werden. Die Euronorm DIN EN 228 Norm lässt es zu, Benzin bis zu 5 Volumenprozent Ethanol beizumischen (E5).

Der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) ist gegen E85 mit dem Argument, dass es Qualitätsprobleme bei Fahrzeugen geben könne. Bei höherem Alkoholgehalt stellen die üblicherweise zur Rückhaltung ausgetretener Kraftstoffe verwendeten Leichtflüssigkeitsabscheider ein Problem dar. Diese haben die Funktion, Öl-Wasser-Gemische zu trennen und das Öl zurückzuhalten. Auf Tankstellen werden sie eingesetzt, um ölhaltiges Abwasser vom Öl zu befreien, damit es nicht in die Kanalisation gelangt. Alkohol ist aber wasserlöslich, d.h. hier müssen zur Trennung und Rückhaltung andere Mittel eingesetzt werden.

An einer Lösung dieses Problems arbeitet der VdTÜV mit seinen Mitgliedern im Bereich Brand und Gewässerschutz.


Biodiesel

Bei Biodiesel gibt es das oben beschriebene Problem nicht, hier kann ein Leichtflüssigkeitsabscheider erfolgreich eingesetzt werden. Die Leichtflüssigkeitsabscheider sind aber immer entweder für Mineralöl oder für Biodiesel ausgelegt. Problematisch für die Umwelt wird es, wenn ein Abscheider zunächst für Mineralöl verwendet wurde und anschließend Biodiesel anfällt, da dann evtl. vorhandenes Mineralöl in die Kanalisation gelangen kann. Dieses Problem wird in TRwS 781 „Betankung von Kraftfahrzeugen“ der DWA behandelt. Ein weiteres Problem kann sich bei längerer Lagerung von Biodiesel ergeben. Biodiesel zersetzt sich unter der Bildung von Methanol. Dieses ist giftig, krebserregend und hochentzündlich. Das dritte Problem ist bei Landwirten aufgetreten, die z.B. ihre nur saisonal benutzten Mähmaschinen mit Biodiesel betankten. Die Leitungen wurden während der Nutzungspause von Mikroorganismen befallen, die die Kraftstoffleitungen verstopften.


Flüssiggas

Flüssiggas ist preiswerter als Mineralöl, die bestehende Logistik kann verwendet werden. Flüssiggas hat allerdings bestimmte sicherheitstechnische Eigenschaften, die man im Umgang berücksichtigen muss. Es gelten dazu bestimmte Regeln, die unbedingt eingehalten werden müssen. Ein VdTÜV-Merkblatt über Anforderungen an Flüssiggastankstellen wird voraussichtlich im September 2006 veröffentlicht.


Erdgas

Hier sind die Gasversorger (Ruhrgas etc.) sehr aktiv. Die Logistik ist gut, besonders in Städten können die bestehenden Gasverteilungsnetze genutzt werden. Ein Problem kann sich ergeben, weil die Fahrzeugbehälter (Tanks) für Erd- und für Flüssiggas auf unterschiedliche Druckverhältnisse ausgelegt sind. Die Erdgasbehälter dürfen mit maximal 270 bar gefüllt werden, während Flüssiggasbehälter auf 20 bar ausgelegt sind. Erst seit kurzem sind die Anschlüsse genormt. Wenn die Anschlüsse verwechselt werden, kann es, wie bereits in der Vergangenheit geschehen, zu einem verheerenden Unfall kommen. Dieses Risiko ist aber beherrschbar. Das VdTÜV/DVGW-Merkblatt 510 über Erdgastankstellen wird derzeit überarbeitet.


Wasserstoff

Infrastruktur zur Herstellung und Logistik müssen erst aufgebaut werden. Wasserstoff lässt sich schlecht speichern. Der Vorteil von Wasserstoff ist, dass er CO2-neutral ist. Allerdings braucht man Energie, um Wasserstoff zu erzeugen - und die Gewinnung von Strom ist in der Regel nicht CO2-neutral. Durch Wasserstoff gibt es ein gewisses Gefährdungspotenzial, das allerdings beherrschbar ist Darüber hinaus ist es aufwändig, eine geschlossene Wasserstoff-Logistik aufzubauen, da Wasserstoff als kleinstes Molekül hohe Anforderungen an die Dichtheit des Systems von Versorgungsleitungen stellt. Die Prüfung durch den TÜV spielt eine große Rolle.




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